Feminist Philanthropy

Women Moving Money. Von Female Philanthropy zu Feminist Philanthropy

In diesem Artikel beschreibt Anna Poeschel, Gründerin der Women*s Society Berlin, die finanziellen Herausforderungen der Geschlechtergerechtigkeit – und was jede* von uns durch genderinformiertes Spenden dagegen tun kann. 

Eine gekürzte Version dieses Artikels erschien zuerst im Newsletter des Pecunia-Erbinnen-Netzwerks.

Zum Anfang eine kurze Reflexion:

Wann hast Du das letzte Mal Geld verschenkt, gespendet oder jemandem finanziell geholfen? Das kann eine Spende an eine Organisation, ein Beitrag für einen guten Zweck oder auch ein kleiner privater Akt gewesen sein. 

Was war Deine Motivation? Wie hast Du Dich dabei gefühlt? 
Nimm Dir einen Moment für diese Fragen Zeit…!

Und mit diesen Gedanken im Kopf gehen wir hinein in unser Thema „Von Female Philanthropy zu Feminist Philanthropy“:

The Rise of Female Philanthropy

Frauen geht es finanziell schlechter als Männern, das gilt heute noch genauso wie vor Jahrzehnten oder Jahrhunderten. Und dennoch waren Frauen schon immer Gebende. Im Kleinen wie im Großen.

Doch seit der Jahrtausendwende hat sich die Spendenlandschaft gewandelt, denn der Anteil von Frauen am Gesamtvermögen ist signifikant angestiegen: Frauen besitzen heute ca. 40% des globalen Reichtums.

Einerseits handelt es sich dabei um ererbtes Vermögen: Frauen als Erbende sind geschichtlich gesehen ein relativ neues Phänomen. Aber der Anteil wächst und wird weiter signifikant ansteigen, wenn die Männer der Baby Boomer Generation sterben und ihre Frauen und Töchter sie beerben. 

Andererseits erringen Frauen zunehmend größere finanzielle Freiheit durch erarbeitetes Geld: Das Einkommen von Frauen trägt heute signifikant zum Haushaltseinkommen bei. 

Frauen spenden

Mit dem Transfer von Vermögen und der zunehmenden ökonomischen Macht von Frauen verändert sich auch die Spendenlandschaft.

Erhebungen zeigen beispielsweise:

  • In den jüngeren Generationen treffen häufiger Frauen die Entscheidungen über die Spendenverhalten eines Haushaltes. 
  • Frauen geben fast 2/3 aller Spenden auf Social Media und Online-Plattformen. 
  • 70% aller Giving Circles in den USA sind von Frauen geführt. 
  • Auf bcause sind circa 75% der Aktiven weiblich.

Female Philanthropy

Es gibt klare Unterschiede im Spendenverhalten zwischen Frauen und Männern.

Über alle Einkommensklassen zeigt sich:

  • Frauen spenden wahrscheinlicher als Männer.
  • Frauen geben aus anderen Gründen.
  • Frauen geben an andere Empfänger.
  • Frauen geben auf andere Weise: mutiger, an ein breiteres Spektrum, nachhaltig, empatisch und verantwortungsbewusst für das, was ihnen gegeben wurde.

Einige Frauen, die diese Art des Spendens im ganz großen Stil leben, haben in letzter Zeit Schlagzeilen gemacht: MacKenzie Scott, Melinda French Gates, Ruth Gottesman oder Marlene Engelhorn. 

Ist es ein Zufall, dass viele der treibenden Kräfte hinter dem progressiven, vertrauensbasierten Geben Frauen sind? Wohl kaum. 

Doch nun kommt das große ABER: 

Frauen spenden zwar viel, aber sie spenden nicht für Frauen und Mädchen. 

Das Paradox der Female Philanthropy

Studien zeigen immer wieder, dass sich mehr Geschlechtergerechtigkeit positiv auf alle gesellschaftlichen Herausforderungen auswirkt, seien es Peacekeeping, Klimaschutz, gesellschaftlicher Zusammenhalt, Ernährungsituation oder Kindergesundheit. 

Geschlechtergerechtigkeit hat positive Auswirkungen auf so gut wie alle Lebensbereiche. Von ihr profitieren nicht nur Frauen oder Minderheiten, sondern die ganze Gesellschaft. 

Geschlechtergerechtigkeit ist ein High-Impact-Investment. 

Trotzdem ist unter den SDGs das Ziel Nummer 5 – Genderequality and empowerment of women and girls – laut einem OECD-Bericht von 2020 eines der am schlechtesten finanzierten Nachhaltigkeitsziele. 

Es gibt für Deutschland nur wenig belastbare Daten, aber der Anteil der Spenden für Frauen und Mädchen am gesamten Spendenaufkommen ist verschwindend gering. 

Im US-amerikanischen Raum, für den Zahlen vorliegen, erreichte er 2021 nur 1,9%. (Und geht davon nur ein Bruchteil tatsächlich an Organisationen, die sich tatsächlich für die Stärkung von Frauenrechten einsetzen.) In Deutschland dürfte der Anteil deutlich darunter liegen. 

Den weltweit geringen Mitteln für Frauen*- und Mädchenrechte stehen zudem Milliarden gegenüber, die in die Anti-Gender-Bewegung fließen. 3,7 Milliarden Dollar sollen das zwischen 2013 und 2017 laut Zahlen des Global Philanthropy Projects gewesen sein.

Feministisches Geben ermöglichen: Die Women*s Society Berlin

Eine Frage, die sich sicher viele stellen, ist: Warum geht es mit Herausforderungen wie dem Klimaschutz, der Überwindung von Hunger und Armut, guter gesundheitlicher Versorgung und anderen SDG-Zielen nur so schleppend voran. 

Meine Antwort: Weil die falschen Menschen an den Entscheidertischen sitzen. Anstatt also mit anzuschauen, wie toxische Männlichkeit unseren Planeten Schaden zufügt, müssen wir andere Perspektiven an die Entscheidertische bringen. 

Wie können wir das erreichen? Unsere Strategie mit der Women*s Society Berlin ist es, Organisationen vornehmlich finanziell zu unterstützen, damit sie sich professionell für mehr Gendergerechtigkeit und den Abbau systemischer Ungerechtigkeiten einsetzen können.

Als feministischer Giving Circle gestalten wir pro Jahr 3 bis 4 Giving Events und andere Aktionen, die neben einem demokratischen und transparenten Spendenprozess auch gemeinsames Lernen und einen geschützten Raum zum Netzwerken bieten.

Wie geht feministisches Geben?

Feministisches Spenden bedeutet für mich, gezielt in eine andere, eine geschlechtergerechte Welt zu investieren.

Es geht nicht nur darum, Not zu lindern, sondern Strukturen zu verändern! 

Das kann man erreichen, indem man entweder an explizit feministische Organisationen spendet oder seine Spenden nach feministischen Kriterien organisiert.

So geht feministisch spenden:

  • Reflektiere Deine Spendenpraxis! Hinterfrage, welche Organisationen Du unterstützt und warum.
  • Ermögliche sozialen Wandel hin zu einer gerechten Welt! Setze auf Change statt Charity! Unterstütze Projekte, die nicht nur Symptome lindern, sondern an den Ursachen ansetzen. 
  • Achte auf kleinere Organisationen! Gerade kleine, innovative Initiativen brauchen die Unterstützung am dringendsten. 
  • Lerne die Menschen kennen und die Arbeit, die sie leisten! Transparenz und persönlicher Kontakt schaffen Vertrauen. 
  • Prüfe nach feministischen Kriterien: Arbeitet die Organisation transparent, nachhaltig, partizipativ, machtkritisch? Werden Betroffene in Entscheidungen einbezogen? 

Fazit

  • Frauen bewegen immer mehr Geld – und sie tun es auf ihre eigene, nachhaltige und empathische Weise. Aber sie geben zu wenig für ihre eigenen Rechte.
  • Geschlechtergerechtigkeit auch finanziell zu stärken, ist eine zentrale Aufgabe für unsere Zeit. 
  • Feministische Giving Circles und feministische Philanthropie bieten innovative Wege, um gemeinsam Verantwortung zu übernehmen und echten Wandel zu bewirken.
  • Feministisches Geben ist mehr als nur finanzielle Unterstützung, es ist ein Beitrag zu mehr Gerechtigkeit und Teilhabe.

Stell Dir vor, Du könntest noch heute eine Sache im Leben von Frauen und Mädchen zum Positiven verändern!

Für welches Thema, für welche Organisation oder für welche Person würdest Du Dich entscheiden – und warum?

Vielleicht ist genau heute der Tag, an dem Du den ersten Schritt machst, um mit Geld oder Engagement aktiv gesellschaftlichen Wandel mitzugestalten.

Quellen


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